Eine Familie bekommt die Diagnose ADHS oder ADS häufig, weil in Betreuungssituationen, die mit Regeln und Lernen verbunden sind, erste Schwierigkeiten auftreten, zumeist in der Grundschule, vielfach aber auch schon im Kindergarten oder der KiTa.
Das allein stellt für Kind und Eltern schon eine enorme Belastung dar, weil das Kind nicht nur hinter den Leistungserwartungen zurückbleibt, sondern auch aneckt, sozial unangemessenes Verhalten zeigt und mit seinen Schwierigkeiten ganz oft auf Unverständnis stößt. „Das Kind ist schlecht erzogen, es kennt überhaupt keine Regeln”, ist nicht selten zu hören.
Der Berg an Schwierigkeiten und Belastungen, vor dem betroffene Familien stehen, ist also enorm groß. Nicht ohne Grund ist die Scheidungsrate gerade in diesen Familien überdurchschnittlich hoch.
Doch wie kann nicht nur dem Kind, sondern auch Ihnen, den Eltern, und Geschwistern geholfen werden, den Alltag mit neuroloischen Störungen zu meistern? Neben den Behandlungs-, Coachings- und Therapieinterventionen können Sie auch zuhause einen hilfreichen Rahmen schaffen.
Klarheit bei Regeln
Ein strukturierter Tagesablauf mit festen, verbindlichen Regeln ist für die Kinder sehr wichtig. Hier sind Pläne und Zielvorgaben ein wichtiges Hilfsmittel. Ein Wochenplan mit festen Zeiten für Hausaufgaben, Hobbys etc. geben Ihrem Kind Struktur und Halt. Gerade beim Thema Hausaufgaben - eine anstrengende Aufgabe für betroffene Kinder - sind feste Vorgaben und eine eindeutige Kommunikation von großer Bedeutung, d.h. planen Sie die Hausaufgaben immer zur selben Tageszeit und am selben Ort. Vermeiden Sie Ablenkungen durch Geschwister, Fernseher oder Computer und stellen Sie dem Kind eine Uhr zur Verfügung, um die Lernzeit ganz klar von der Spielzeit zu trennen.
Belohnungen stärken
Ein Kind mit AD(H)S kann über positive Verstärkungen motiviert werden. Also sollten Sie nicht nur darauf achten, möglichst häufig gutes Verhalten zu loben, sondern eventuell auch ein Belohnungssystem einführen, z.B. Punkte sammeln, Stempelkärtchen etc.
Offene Kommunikation
Es ist für alle Seiten eine gute Idee, das offene Gespräch zu suchen. Betreuungspersonen und Lehrer sollten in jedem Fall über Diagnose und Therapie unterrichtet werden und Sie sollten diese Gesprächsbereitschaft aufrechterhalten. Nur so sind Beziehung, Empathie und Verständnis möglich. Das gilt auch für Klassenkameraden, denn betroffene Kinder werden häufig ausgegrenzt, können nur schwer Freundschaften schließen und sind von schulischen und außerschulischen Aktivitäten ausgeschlossen.
Viel Spaß & Bewegung
Viele betroffene Kinder haben nicht nur einen großen Bewegungsdrang, sondern oft auch Schwierigkeiten im Bereich Koordination, Gleichgewicht und Körperkontrolle. Daher sind sportliche Aktivitäten sehr sinnvoll und eine tolles Ventil für die Kinder. Wichtig ist nur, die Verletzungsanfälligkeit zu beachten und die Hyperaktivität in „geordnete” Bahnen zu lenken. Aber Achtung: Nicht zu viel Aktivität am Abend und vor dem Schlafengehen, denn sonst kann das Kind nicht zur Ruhe kommen und einschlafen.
Eigene (andere) Bedürfnisse beachten
Bei aller Anstrengung und Sorge um das Kind mit einer neurologischen Störung ist die Selbstfürsorge auch ein essenzieller Aspekt, den Sie nicht aus den Augen lassen sollten.
Sie können nur ruhig mit Ihrem Kind umgehen und Ihren Alltag meistern, wenn Sie sich Hilfe holen, sich Auszeiten nehmen und einen Weg finden, Ihre eigenen Akkus wiederaufzuladen. Das gilt nicht nur für Sie als Mutter oder Vater, sondern auch für die Geschwisterkinder, die ihren Teil der Aufmerksamkeit verdienen, und Ihren Partner. Denn auch wenn Sie mit ihm oder ihr an einem Strang ziehen sollten, klappt das vielleicht nicht immer und der Alltagsstress mit all seinen Energiefressern fordert einen hohen Preis auch von einer Partnerschaft.
Keine digitalen Babysitter
Durch die vielen Bildschirme, die uns heute zur Verfügung stehen, steigt auch das Risiko der Reizüberflutung. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind Fernseher, Tablet und Handy möglichst wenig nutzt und solche Geräte auch in dem Zimmer zu finden sind, in dem es schläft. Eine (digitale) Reizüberflutung ist kontraproduktiv, das Kind wird unruhig, impulsiv und auch aggressiv und wird leicht überfordert.