Gluten & Gehirn- ein Trend oder eine unterschätzte Gefahr?

14. Mai 2020Thomas Weidauer
Gluten & Gehirn- ein Trend oder eine unterschätzte Gefahr?


Über Gluten, Allergien und Unverträglichkeiten ist schon allerhand geschrieben und berichtet worden. Das Thema ist jedoch viel komplexer als viele denken und so werden wir in diesem Beitrag versuchen, die Informationen auf das Wesentliche einzugrenzen und besonders den Zusammenhang zwischen diesem Nahrungsbestandteil und neurologischen Symptomen zu klären.

Was ist Gluten?

Gluten wird häufig als das Speicher- oder Kleberprotein in Getreide beschrieben. Technisch korrekt ist jedoch, dass jedes Getreide die Glutenbestandteile Prolamine und Gluteline enthält, die in Verbindung mit Wasser erst Gluten bilden. Diese Bestandteile sind biologisch notwendig für das Wachstum der Pflanze und beim Backen wichtig, weil sie den Teig klebrig machen (daher der Name Kleberprotein) und die Bindung beim Anteigen verbessern.
Wichtig für die Ernährung ist noch, dass zwar jedes Getreide Glutenbestandteile enthält, die auch entsprechend eigene Namen tragen (wie Avenin oder Secalin), der Weizen mit Gliadin und Glutenin jedoch meist die größten Problem bereitet.

Allergie oder Intoleranz?

Während eine Allergie mit einer Abwehr seitens des Immunsystems mit entsprechender Antikörperreaktion (IgE) einhergeht, handelt es sich bei einer Unverträglichkeit oder Intoleranz um ein Verdauungsproblem, das unterschiedliche Symptome hervorrufen kann. Bei der Zöliakie z.B. spricht man zumeist von einer Glutenunverträglichkeit, die aber als chronisch-entzündliche Erkrankung der Darmschleimhaut auch Merkmale einer Allergie und sogar Autoimmunerkrankung zeigt.
Das nicht-allergische Gegenstück ist hier die nicht-zöliakische Glutensensitivität, die Symptome wie Völlegefühl, Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall verursachen kann, die in ihrer Intensität aber nicht mit einer Allergie zu vergleichen sind.

Die Verbindung Darm-Gehirn

Sind es bei Allergien häufig Reaktionen im Bereich der Haut und der Atemwege (die sogar lebensbedrohlich werden können), zeigen sich bei Unverträglichkeiten meist Reaktionen im Verdauungstrakt (Durchfall, Erbrechen, Übelkeit) und auch auf mentaler Ebene (Konzentrationsschwierigkeiten, depressive Verstimmungen, Stimmungsschwankungen). Betroffene Kinder können schon sehr früh an Entwicklungs- und Wachstumsstörungen leiden. Eine Tatsache, die durch die verminderte Nährstoffaufnahme auch bald Erscheinungen einer Mangelernährung nach sich ziehen kann.
„…bis zu 15 Prozent der Betroffenen haben neurologische Probleme, denn die Antikörper spielen teilweise auch im Gehirn eine Rolle.“ - Quelle: Spiegel
Eine weitere Quelle besagt, dass „als auslösende Faktoren für Verhaltensauffälligkeiten auch Peptide aus Kasein und Gluten diskutiert werden, denn bei einer Untergruppe von Betroffenen mit Autismus und auch ADHS konnten mit verschiedenen Studien im Urin Peptid-Fragmente aus dem unvollständigen Abbau von Kasein und/oder Gluten nachgewiesen werden, welche auf einen genetischen, epigenetischen oder toxischen Effekt auf Schlüsselenzyme der Peptidspaltung hindeuten. Es handelt sich hierbei also um eine Proteinintoleranz und nicht um eine Allergie.“

Was bedeutet das in der täglichen Ernährung?

Bei Schwierigkeiten mit der Verdauung bzw. Symptomen, die auf eine Verdauungsproblematik hindeuten, ist es wichtig, eine ausgewogene Ernährung gestalten, die frei von Triggern (Auslöern) ist, gut toleriert wird und Mangelzustände vermeidet.
Das lässt sich meist durch eine Art von Eliminationsdiät erreichen, in der in einem ersten Schritt zunächst Fast Food und stark verarbeitete Nahrungsmittel gestrichen werden. Als nächstes wird sich Woche für Woche (oder über längere Zeiträume) auf einen Nahrungsbestandteil konzentriert, der potenziell allergische Reaktionen und/oder andere Symptome verursacht bzw. verschlimmert. Zur Top 3 dieser Bestandteile zählen Gluten, Kasein (Milchprotein) und Industriezucker. Man kann in einem strukturierten Programm diese Bestandteile wieder einführen und so eventuelle Reaktionen dokumentierbar machen. Für die Zukunft bedeutet das dann, reaktive Substanzen stark zu minimieren oder ganz zu streichen. Aufgrund der guten Auswahl an Alternativen ist dies häufig ungewohnt, aber durchaus machbar.

Noch ein paar Tipps für eine Umstellung:
- Organisieren Sie Ihre Küche entsprechend.
- Kaufen Sie alle wichtigen Basiszutaten ein.
- Beschäftigen Sie sich mit Nahrungsetiketten und den vielen „Mogelnamen“ (gerade bei Zucker).
- Motivieren Sie die ganze Familie mit Spielen und Belohnungssystemen zu gesunder Ernährung.
- Erstellen Sie gemeinsam Mahlzeitenpläne und ermöglichen Sie Mitbestimmung aller Beteiligten.
- Nutzen Sie Pseudogetreide als glutenfreie Alternative (wie Quinoa, Buchweizen und Amaranth)
- Halten Sie sich an „gesunde“ Zuckeralternativen wie Birkenzucker, Kokosblütenzucker, Honig, Agavendicksaft, Ahornsirup, Datteln.
- Setzen Sie vermehrt auf vegane Milchersatzprodukte.

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